Samstag, 2. Januar 2010


Schriftenreihen des Botanischen Gartens des CID Institutes

Beitraege zur Kenntnis der Ortsgeschichte von Weilmünster





Der Neue Jüdische Friedhof am Sanatorium in Weilmünster

Schriftenreihe : Vom Kirberg zum Wellersberg




Die reformatorische Spaltung der mittelalterlichen, christlichen Kirche in Deutschland hatte eine Liberalisierung orthodoxer Religionsregeln zur Folge, welche in der Folge insbesondere in der evangelischen Kirche freisinniger praktiziert wurden, während der Katholizismus sich bis in die Neuzeit als sehr viel strikterer Verfechter orthodoxer religiöser Grundregeln präsentierte, bevor auch in dieser Glaubensschule ein Anpassungsprozess an moderne Lebensrealitäten stattfand. Eine ähnliche Evolution erlebte auch das orthodoxe Judentum, wobei der innerkonfessionelle Modernisierungsprozess im 19. Jahrhundert allerdings nicht zur Gründung einer parallelen, freisinnigen jüdischen Kirche führte sondern eine Integration von Teilen der jüdischen Gemeinden unter anderem in den beiden grössten Religionsgruppen Deutschlands stattfand, wobei kleinere jüdisch-orthodoxe Gemeinden insbesondere in kleinbäuerlichen Gemeinden der ländlichen Regionen aufgegeben bzw. aufgelöst wurden.

Dieser Wandlungsprozess hatte multiple Triebkräfte. So war es aufwendig, für jüdisch-orthodoxe Kleinstgemeinden mit nur sehr wenigen Schülern in weit abgelegenen Bauerndörfen eigene Schulen zu unterhalten und hebräisch-sprachige Lehrkräfte zu finden. Andererseits waren für den Schulweg zu Lehrstätten in grösseren jüdisch-orthodoxen Gemeinden überproportional grosse Distanzen zu überwinden. Zudem führte die separate Ausbildung jüdisch-orthodoxer Kinder wegen derer auffälliger Kleidungsregeln und Haartracht aber auch auf Grund deren hoher Ansprüche an Hygienevorschriften und Reinlichkeitsregeln bisweilen zu Anfeindungen von Seiten traditionell anders erzogener Gleichaltriger. Desweiteren erwies es sich nicht notwendigerweise als zukünftiger Integrationsvorteil, bei der Grundschulausbildung im mittelalterlichen Deutschland den Focus auf das Erlernen der hebräischen Sprache zu setzen. Somit verlief der jüdisch-orthodoxe Reformationsprozess mehr im "Untergrund" und weniger plakativ und öffentlich propagiert als das Verfechten der reformatorischen Thesen des Martin Luther in der evangelischen Kirche.


Die zunehmende Aufgabe jüdisch-orthodoxer Gemeinden auf dem Lande zwischen 1800 und 1900 hatte auch die Abwendung von jüdisch-orthodoxen Beerdigungsregeln und damit die Stillegung, das Brachfallen bzw. die Nicht-Weiterbelegung traditioneller jüdischer Friedhöfe an manchen Orten zur Folge, da in christlichen Gemeinden weiterpraktizierende Juden nicht mehr an orthodoxe Glaubensregeln gebunden waren und dieselben Bestattungsflächen nutzten wie Katholiken und Protestanten.  

In Weilmünster fand der diesbezügliche Modernisierungs- bzw. Wandlungsprozess im Zeitraum 1870 bis 1910 statt und geht einher mit dem Bau der Weiltal-Bahnlinie Weilburg - Weilmünster - Laubuseschbach / Grävenwiesbach und dem Bau des Sanatoriums am Wellersberg zwischen 1893 und 1910.


Grössere jüdisch-orthodoxe Gemeinden existierten entlang der Weiltal-Bahnlinie in Weilmünster, Grävenwiesbach und Laubuseschbach-Wolfenhausen-Blessenbach. Jüdische Schul-, Bade-, Religions- und Beerdigungseinrichtungen existierten in diesen 3 Gemeinden. 


Unbekannt ist hier, ob Planung und Bau des modernen Siedlungsprojektes am Weilmünsterer Wellersberg die Zukunftsvisionen der Angehörigen der jüdischen Gemeinden in Grävenwiesbach, Weilmünster und Laubuseschbach beeinflussten. Sicher ist, das die modernen in grossstädtischem Baustile entworfenen und mit beispielhaft besseren Hygieneeinrichtungen ausgestatteten Wohngebäude auf die in beengten Fachwerkbauten und teilweise noch ohne munizipale Versorgung mit fliessendem Wasser lebenden Bewohner der angrenzenden Gemeinden eine hohe Anziehungskraft ausgeübt haben müssen. Auch ist in den Planungsansätzen der Wohnanlage, insbesondere in der interkonfessionellen Kapelle, die Vision der zukünftigen Lebenswelt gemischt-religiöser Bewohner des neuen Weilmünsterer "Stadtteiles" um 1900 erkennbar und war bereits initial geplant, zumindestens einen Teil der jüdischen Gemeindemitglieder dort im Stile einer Altenwohnanlage "unterzubringen". Dafür spricht insbesondere die Schliessung des ehemaligen Weilmünsterer Jüdischen Friedhofes am Kirberg sowie "Aufgabe und Verkauf" der Weilmünsterer Synagoge, die am Eingang des Eppenbachtales (Heute: Übergang Möttauer Strasse zur Nassauer Strasse) gelegen war, im Zeitraum 1870-1890, also den Jahren der Planung des Neubauprojektes. 





Hangterrassen ähnlich der eines Weinberges erinnern heute noch an die Lage des ursprünglichen Friedhofes der Jüdischen Gemeinde Weilmünsters rechterhand des Weges vom Kirbergturm zum Schwimmbad. Beim Bau des Weiltal-Eisenbahntunnels durch den Kirberg wurde das Friedhofsgelände angeschnitten oder zumindestens so stark durch den Bahnverkehr bzw. die Rauchentwicklung der Dampflokomotiven beeinträchtigt, dass eine Verlegung unumgänglich wurde. Im Laufe der Zeit wurden die Grabmale des Friedhofes von Weilmünsterer Familien abtransportiert und anderenorts, teilweise am "Neuen Jüdischen Friedhof" des Sanatoriums wiederaufgestellt.    


Detailangaben zum Neuen Jüdischen Friedhof auf dem Gelände des Sanatoriums-Waldfriedhofes finden sich im folgenden Kapitel dieser Beschreibung.


Im Gegensatz zum Jüdischen Friedhof am Kirberg Weilmünster war der Friedhof der Jüdischen Gemeinde Wolfenhausen-Laubuseschbach-Blessenbach noch bis in die 1930iger Jahre Beerdigungsstätte dieser Gemeinde. Die jüdische Gemeinde von Laubuseschbach unterlag zwischen den Jahren 1904 und 1912 einem starken Mitgliederschwund von 40 auf nur noch 3 Personen. In den Jahren 1907 und 1911 kam es zu Bränden zuerst der Schule und dann der Synagoge in der Mittelgasse. Ein grosser Teil der Gemeindemitglieder wanderte in diesem Zeitraum aus Laubuseschbach ab und liess sich in benachbarten Gemeinden nieder, insbesondere in Weilburg und Usingen. Ob den Ereignissen von 1904-11 ein Progromcharakter zu Grunde lag und inwiefern der Sanatoriumsbau in Weilmünster, der neue Eisenbahnanschluss Laubuseschbaches und der parallel einhergehende Niedergang des Eisenbergbaues im Bleidenbachtal bei der Strukturwandlung zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts eine Rolle spielten, ist nicht aufgezeichnet. In der Phase des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 waren aber mehrere Gemeindemitglieder aus Laubuseschbach, Wolfenhausen und Blessenbach von den bedauernswerten Folgen der antijüdischen Volkspropaganda der Nazi-Regierung und der Massenmedien betroffen.


Die im Zeitraum 1933-1945 im Sanatorium Weilmünster wohnenden und lebenden und verwaltungstechnisch auch so registrierten Juden wurden auf Grund der propagierten Ausgrenzungspolitik der Nationalregierung einer Sonderbehandlung unterworfen. Als "Juden" auf einem separierten Friedhofsteil beerdigt wurden 65/68 Menschen, die mehrheitlich zwischen 1938 und 1940, also zur Laufzeit des faschistischen T4-Programmes zur "Ausrottung unwerten Lebens" verstarben. Von 1937-1945 verstarben im Sanatorium insgesamt 6000 Menschen - DARUNTER ALLE JÜDISCHEN PATIENTEN - in Folge von Zwangssterilisationen, Nahrungsmittelentzug, Pflege-Unterversorgung, Überdosierung von Schlafmitteln (Luminal) und vermutlich auch in Folge von Zwangsarbeitseinsätzen beim Bau der Lichteralstrasse durch den Reichsarbeitsdienst RAD. 

Der Neue Jüdische Friedhof des Sanatoriums mit seinen 68 Grabstätten umfasst somit vermutlich nur einen Teil der als "Juden" in diesem Zeitraum im Sanatorium verstorbenen Menschen. Seine Bedeutung, seine ungewöhnliche Dekoration mit einem Jägerzaun und das Phänomen des merkwürdig gehäuften Auftretens von Beerdigten mit Vornamen Sarah soll im folgenden Kapitel einer eingehenderen Betrachtung unterzogen werden.












Freitag, 15. Februar 2008

Die Geschichte des "Neuen Jüdischen Friedhofes" auf dem Waldfriedhof der ehemaligen "Nassauischen Landesheilanstalt" (heute: Klinikum Weilmünster).


Aus der Forschungsarbeit von CID-Institut
www.cid-institut-en.blogspot.com






Verwaltet bzw. betreut wird der Friedhof vom Landesverband der Jüdischen Gemeinden Hessens, der die Korrespondenzen bezüglich der Einrichtung koordiniert und sammelt und sich um die jährliche Aktualisierung der Bekanntmachungstafel der Jüdischen Feiertage am Eingangstor des Geländes kümmert.

Die Nachkriegsgeschichte des Weilmünsterer Jüdischen Friedhofes erschließt sich aus der Korrespondenz zwischen den verwaltungstechnisch zuständigen Stellen:

· Dem Klinikum Weilmünster als direktem Verwalter des Geländes,
· dem Landeswohlfahrtsverband als Besitzer des Geländes,
· der Gemeindeverwaltung Weilmünster als zuständiger Ortsbehörde,
· dem Landratsamt des Landkreises Limburg – Weilburg
· der hessischen Landesregierung bzw. dem für Entschädigungsfragen zuständigen Amt beim Regierungspräsidenten
· dem hessischen Innenministerium und
· dem Landesverband der jüdischen Gemeinden Hessens.

Wegen einer Friedhofsschändung im Mai 1991 ist zusätzlich Korrespondenz der Kriminalpolizei und der Staatsanwaltschaft zu berücksichtigen.

Die Existenz des auf dem Gelände des umgangssprachlich als „Anstaltsfriedhof“ bezeichneten Beerdigungsgeländes des ehemaligen Psychiatrischen Krankenhauses Weilmünster (auch: Nassauische Landesheilanstalt, Nassauisches Kindersanatorium; heute: Klinikum Weilmünster) liegenden Jüdischen Friedhofes war zumindestens im Jahre 1960, also 15 Jahre nach Kriegsende, eine verbreitet unbekannte Tatsache.

Dies ist nicht ungewöhnlich, da es sich bei dem Anstaltsfriedhof um eine Begräbnisstätte weit oberhalb im Wald des damals noch geschlossenen, das heißt ummauerten bzw. umzäunten Krankenhausgeländes handelt. Die Gemeinde Weilmünster selbst verfügt über einen eigenen Friedhof nahe der Ortsmitte, der am gegenüberliegenden Talhang des Bleidenbachtaleinganges angelegt ist, also direkt gegenüberliegend des zumindest bis 1890 benutzten, ursprünglichen Jüdischen Friedhofes auf dem Kir-Berg.

Aus dem heutigen Zustand erschließt sich nicht die Gründungsgeschichte dieser älteren, ursprünglichen Begräbnisstätte, insbesondere ist nicht daraus abzuleiten, ob der Alte Jüdische Friedhof am Kir-Berg möglicherweise aufgelöst und verlegt und in die 1897 neugegründete Anstaltsbeerdigungsstätte integriert wurde. Der Waldfriedhof des Klinikums wurde, nach Angaben des damaligen Landesmedizinaldirektors Troeltsch, „in den 30er Jahren neubelegt, so dass die ursprüngliche Gräberlage nicht mehr vorhanden ist“. Dies bedeutet, dass nach über 30jährigem Sanatoriumsbetrieb das Fassungsvermögen der Grabanlage erschöpft war und zumindestens nach 1938 eine „Zweitbelegung“ des Gräberfeldes mit mehreren tausend Grabstätten stattfand.

Bei Kriegsende fanden sich verteilt auf dem Friedhof 19 umgestürzte Grabsteine mit jüdischen Inschriften, die Todesdaten von 1903 bis 1938 aufwiesen. Auf Veranlassung einer jüdischen Klinikärztin wurden diese zusammengetragen und in der Nähe des heutigen Gräberblockes (heute 65 Gräber mit 4 erhaltenen Grabdenkmälern ) der zwischen 1938 und 1946 im Rahmen des T-4-Programmes getöteten jüdischen Bewohner des Sanatoriums wieder aufgestellt.

Aus den Akten geht hervor, dass das „psychiatrische Krankenhaus“ als einzige derartige deutsche Einrichtung eine Abteilung für jüdische Menschen gehabt hätte. Ob es sich dabei definitionsgemäß um eine Krankenhausabteilung im Sinne von einer Behandlungsstätte für erkrankte Menschen gehandelt hat, bleibt aber unklar, zumal anderenortes erwähnt wird, auf dem Gelände des Gebäudekomplexes habe in den 30er Jahren bis zum Kriegsbeginn ein jüdisches Wohn- bzw. Altersheim existiert, dessen Bewohner als zumeist zugezogene Neubürger der Gemeinde Weilmünster dort Einwohneramtlich gemeldet gewesen seien. Während der Dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts diente die Einrichtung des weiteren als Luftkurort für städtische Jugendliche, später als Wohnheim für Mitglieder des Stahlhelmbundes und des Vereines für Freiwilligen Arbeitsdienst. Unter den jüdischen Beerdigten sind mehrere Jugendliche, teilweise namensverwandt mit älteren Bestatteten, so dass davon ausgegangen werden kann, dass nach der Kristallnacht und zu Kriegsbeginn das Sanatorium bzw. dessen „jüdische Abteilung“ auch als Fluchtpunkt für anderenorts Verfolgte diente. Auch war es Mitte des vergangenen Jahrhunderts durchaus schon üblich, dass auch jüdische Bürger Rentenzahlungen in Altersvorsorgekassen leisteten und diese Kassen entsprechende Wohnanlagen verwalteten, die den Beitragszahlern als Wohnort für ihre Altersjahre zur Verfügung standen.

Aus einem Schreiben des Hessischen Innenministeriums vom 23. November 1960 an den Landesverband der Jüdischen Gemeinden Hessens geht hervor, dass gegen Ende des Krieges „die SS die Grabsteine mit jüdischen Inschriften umgestürzt habe, und ( von den 65 Gräbern ? ) die Steine entfernt habe, bzw. bronzene Inschriftstafeln abmontiert habe“. Am 11. August 1960 erwähnt ein Schreiben des Landrates an den Regierungspräsidenten noch die Existenz von „24 Steinen“, was darauf hindeutet, dass einer dieser nur noch 19 + 4 Steine im Herbst 1960 entfernt wurde.

Die Zerstörung der jüdischen Grabinschriften „durch die SS“ diente also offensichtlich zur Verschleierung der Ermordung von 65 (68) jüdischen Menschen im Rahmen des „Programmes zur Vernichtung unwerten Lebens (T-4-Programm)“, das ja ursprünglich „nur“ die Tötung erbkranker, behinderter oder geistesgestörter Patienten als Maßnahme der Rassehygiene vorsah. Zur Vertuschung also eines Fehlers des Systems der Patientenfürsorge? Zur Vertuschung auch einer stillschweigenden Tolerierung der deutschen Juden gegenüber rassenhygienischen Selektionsmorden, die Auftakt zur späteren „Integration“ aller Juden in dieses deutsche „Gesundheitsprogramm“ bilden sollte. Zweifellos eine seltene Ortsnähe zum Schlüssel für den damaligen „unkontrollierten“ Ereignisablauf des historisch bisher größten und perfektesten Massenmordes. (Textabschnitt in Redaktion !)

Die „Wiederentdeckung“ der Spuren der Gedenkstätte in den frühen 60er Jahren setzte alsbald Bestrebungen der zuständigen Verwaltungsstrukturen in Gang, das „Problem“ der Existenz des jüdischen Gräberfeldes zu behandeln. Nach Klärung der Zuständigkeiten – die Beerdigungsstätte wurde eigentlich der jüdischen Gemeinde Wiesbaden zugeordnet – übernahmen Klinikleitung (HMI ?) und jüdischer Gemeindeverband, namentlich der Landesmedizinaldirektor Troeltsch, der Oberrabbiner Lichtigfeld, der Weilmünsterer Bürgermeister Windmeier, der Vertreter des Landesbauamtes Weilburg, Herr Wagner und Forstmeister Rompf vom Kommunalforstamt Haina-Ost die Regelung der Angelegenheit. Am 15. November 1961 beschloß man, neue Namenschilder für die 68 im Beerdigungsbuch registrierten Grabstätten herstellen zu lassen.

Man beauftragte die Kunst- und Glockengießerei der Gebrüder Rincker in Sinn (Dillkreis) mit der Herstellung von bronzenen Namensplatten. Eine Weilmünsterer Baufirma richtete die umgestürzten Grabsteine wieder auf, setzte 65 Schildersockel an den bisher nur nummerierten Grabstätten und legte eine 2 Meter breite Zugangsbrücke vom Waldweg über einen Graben zum Grabfeld hin an. Auf die ursprüngliche geplante Abgrenzung des jüdischen Friedhofsteiles mit einer lebenden Buchenhecke wurde aus pflanzungstechnischen Gründen verzichtet – Buchen wüchsen nicht gut im geschlossenen Fichtenhochwald – und auf Anraten des Forstamtes Haina-Ost wurde ein Jägerzaun angebracht, was zu dem Kuriosum führte, dass dem Oberrabbinat von den Forsttechnikern zuerst erläutert werden musste, was denn unter dem Begriff „Jägerzaun“ überhaupt zu verstehen sei. Die Fertigstellung der Wiederinstandsetzungsarbeiten des Friedhofes zum Preis von 6.401,37 DM vermeldete ein Kreisbeigeordneter, dessen Name handschriftlich mit Jahn, Zahn oder Wahn vermerkt ist, am 8. Mai 1963 dem Landesverband der jüdischen Gemeinden Hessens.

Zwischen 1963 und 1991 fand die Gedenkstätte, offensichtlich weniger Beachtung. Für die Verwaltungsakten wurde sie fotografisch dokumentiert und jährlich mit einem Aushang der jeweiligen jüdischen Feiertage versehen. Der Hausmeister des Klinikums sei, so geht aus einem Schreiben hervor, häufig damit beschäftigt gewesen, spielende Kinder von dort zu verjagen, weswegen er dafür plädiert habe, eine Lücke in der vorgesehenen Heckenbepflanzung zu belassen, um diese besser verfolgen zu können. Letzteres wurde ihm aber verwehrt, da jüdische Begräbnisstätten an jüdischen Feiertagen nicht betreten werden dürfen, auch nicht versehentlich, und deswegen rundum verschlossen sein müssen.

Erst in der ersten Maihälfte des Jahres 1991 gerät der jüdische Friedhof Weilmünsters erneut ins Zentrum des Interesses, diesmal von Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft. Laut Anzeige des Klinikdirektors, eines Herrn ..... , seien in der Woche vor dem 16.5. alle Grabsteine des jüdischen Friedhofes umgeworfen worden. Ob die 2006 registrierte Differenz von 2 Grabsteinen im Vergleich zum Bestand von Dezember 1960 ( 19+4 ) im Zusammenhang mit diesem Ereignis steht, lässt sich aus der Verwaltungs-Korrespondenz allerdings nicht entnehmen. Auch sind dort keine weiteren Ermittlungen zu diesem Ereignis bzw. deren mögliche Ergebnisse erwähnt.

Unklar bleibt auch, ob es sich bei den unterschiedlichen Angaben zur Zahl der Grabstätten des zwischen 1938 und 1945 entstandenen jüdischen Gräberfeldes um einen Zählfehler oder einen Zuordnungsfehler handelt. Im Gräberbuch des Sanatoriums waren ursprünglich 68 Grabstätten vermerkt, für die neue Namensschilder angefertigt werden mussten, doch wurden nur 65 Sockel für Namenschilder gesetzt. Gingen also 3 bronzene Grabplatten verloren oder wurden 3 Namen aus dem Gräberbuch bei der Namenstafelherstellung unberücksichtigt gelassen ?

Die Schändung des jüdischen Friedhofes als Teil des Anstaltsfriedhofes im Jahre 1991 traf das Klinikum Weilmünster in einer schwierigen Umstrukturierungsphase. Das erst 1968 neuerrichtete, dem Friedhof direkt benachbarte Waldheim für schwerstbehinderte Kinder, war vor kurzem (1988) aufgelöst worden, die Integration und Verlegung der dort behandelten Patienten in andere Klinikeinrichtungen bzw. in freie Wohngruppen mit weitgehender Selbstverwaltung stand auf der Tagesordnung. Neue Konzepte zur Behindertenrehabilitation wurden diskutiert und erprobt, gleichzeitig fand eine detaillierte Aufarbeitung der während des „Dritten Reiches“ im Klinikum begangenen Untaten statt. Sämtliche historischen Patientenakten wurden analysiert und ausgewertet, Ausstellungen und Dokumentationen erstellt, im Jahre 1997 schließlich ein Buch zu den Ereignissen publiziert, das vom Landeswohlfahrtsverband selbst herausgegeben wurde. Im Ort Weilmünster war eine Bürgerinitiative unter besonderer Beteiligung der GRÜNEN Partei aktiv. Am Eingang zum Klinikgelände und auf dem Anstaltsfriedhof wurden Denkmäler errichtet, die an die Verbrechen der Zeit von 1935 bis 1945 erinnern sollten, der Friedhof selbst wurde neugestaltet. Dazu wurden etwa zwei Drittel der Individualgrabstätten beseitigt und in Form von zusammenfassenden Namenstafeln um einen Gedenkstein am Besuchereingang des Friedhofes herum neuerrichtet.

Von diesem Umbau blieb der jüdische Friedhof glücklicherweise vollständig verschont, was möglicherweise auf dessen bisher verborgene Lage hinter einem Jägerzaun zurückzuführen sein mag. Weitgehend unbeachtet blieben auch die fast unsichtbaren, mittlerweile von Moos und Farn überwachsenen und von Laub überdeckten, bronzenen Namensschilder der Glockengießerei aus dem Sinntal, die zumeist nur zahllosen Besuch von Bewohnern der drei überdimensionalen Wohnanlagen der Roten Waldameise (Formica rufa) erhalten, die sich östlich direkt im Anschluß an den im Jahre 2003 neugesetzten Staketten-Holzzaun auftürmen.





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